TI-30

Texas Instruments TI-30

Texas Instruments TI-30

Mitte 1976 brachte Texas Instruments seinen wissenschaftlichen Taschenrechner TI-30 auf den Markt und erreichte durch konsequente und kompromisslose Kosteneinsparung, dass er im Laufe seiner siebenjährigen Laufzeit zum wohl meistverkauftesten Taschenrechner überhaupt wurde.

Konstruktion

geöffnetes Gehäuse

geöffnetes Gehäuse

Seine preiswerte Konstruktion war der Schlüssel zum Erfolg. Das sogenannte “Majestic”-Gehäuse besteht nur aus zwei Plastik-Spritzguss-Hälften, ohne jegliches Metall und vor allem ohne Verschraubung. Die beiden Hälften werden durch massive federnde Laschen fest zusammengehalten.

Rückseite

Rückseite

Das Gehäuse ist zwar durchaus noch voluminös, aber der meiste Platz im Innern bleibt ungenutzt und deswegen ist der TI-30 auch ziemlich leicht.

Natürlich, wie damals üblich, sicherte sich Texas Instruments etliche Patente, um sich die Konkurrenz ein wenig vom Hals zu halten.

Hauptplatine

Elektronik

Elektronik

Der zweite zentrale Kosteneinsparungspunkt betrifft die Elektronik selber. Auf der einzigen Platine befinden sich nicht nur die CPU, sondern auch gleich das direkt auf der Platine installierte LED-Display. Passive Bauelemente und Spannungswandler sucht man vergebens, durch den Kniff, gleich mit einer 9-Volt-Batterie zu arbeiten, konnten abermals Kosten eingespart werden.

offenes Batterie- oder Akkufach

offenes Batterie- oder Akkufach

Spannungsversorgung

Die Tatsache, dass der Rechner mit einer 9V-Batterie läuft, war allerdings insofern unglücklich, als dass der Stromverbrauch zu hoch und die Batterien ständig leer waren. Also behalf man sich mit einem extra zu erwerbenden Akkupack, dem BP-8.

Akku-Pack vom Typ BP-8

Akku-Pack vom Typ BP-8

Das BP-8 besaß zwei NiCD-Mignon-Akkus, sowie einen Spannungswandler auf 9V.

Aufbau des BP-8

Aufbau des BP-8

Da der TI-30 einen regulären 9V-Anschluß bietet, kann sowohl das Akku-Pack, als auch eine reguläre 9V-Batterie angeschlossen werden.

Anschlüsse des BP-8

Anschlüsse des BP-8

Tastatur

Die nächste Einsparung betrifft die Tastatur. Während das Vorgängermodell TI SR-50 noch mit zweifarbigen Tasten auskommt, sind beim TI-30 sämtliche Tasten einfarbig schwarz, dafür ist die Beschriftung auf das Gehäuse gewandert.

Innenseite der Tastatur

Innenseite der Tastatur

Wie meist bei TI drücken die Tasten auf eine Schaumstoffschicht und darunter einen Satz von isolierten Metallplättchen und geben so hinreichend zuverlässig Kontakt, mitunter ist auch etwas mehr Kraft nötig. Von der Haptik ist TI mit dieser Tastatur jedoch weit entfernt von besseren Herstellern wie HP.

Einen mechanischen, und damit relativ gesehen teuren Schalter sucht man vergeblich, der Rechner wird mit zwei Tasten ein- und ausgeschaltet und schaltet sich auch selbständig nach einiger Zeit aus, wenn keine Nutzung erfolgt.

Chipsatz

TI hat mit dem Modell TI-30 absolut konsequent die “one-chip-calculator”-Architektur umgesetzt. Der TMC0981NL interagiert direkt mit Tastatur und Display, es sind keinerlei weitere Bauteile, weder passiv, noch aktiv mehr nötig. Für 1976 war das revolutionär, ab dann Standard.

Mainboard mit CPU und Display

Mainboard mit CPU und Display

Display

Der nächste Einsparungspunkt war das Display. Aus Kostengründen wurde ein LED-Display mit nur acht Stellen verwendet; die einzelnen LED-Ziffern befinden sich direkt auf dem Mainboard und die jeweiligen Segmente sind direkt mit den Leiterbahnen des Mainboards über hauchdünne Drähte verbunden. Geschützt wird die ganze Konstruktion über eine transparente Plastikabdeckung mit starker Lupenfunktion.

Da der Stromverbrauch solcher Anzeigen sehr hoch war, werden die Ziffern ge-multiplexed, also der Reihe nach angesteuert. Beim TI-30 erfolgt das mit recht niedriger Frequenz, so das immer ein leichtes Flimmern sichtbar ist, außerdem ist die Anzeige durch ihre integrierten Lupen stark blickwinkelabhängig.

Einer der frühesten Bildschirmschoner

Einer der frühesten Bildschirmschoner

Um Strom zu sparen geht die Anzeige nach ungefähr einer Minute in einen Sparmodus, bei dem nur noch die Dezimalpunkte der Reihe nach aufleuchten, aber keine hellen und damit stromfressenden Ziffern mehr angezeigt werden.

Durch Druck auf eine x-beliebige Taste wird wieder auf die reguläre Anzeige umgeschaltet.

Damals noch ganz neu ist die Tatsache, dass im Falle eines Fehlers eine Klartextanzeige erfolgt:

Es ist ein Fehler aufgetreten...

Es ist ein Fehler aufgetreten...

Rechenleistung

Wie es sich für einen wissenschaftlichen Taschenrechner gehört, besitzt er einen erweiterten Rechenbereich von ±1.0000 * 10-99 bis ±9.9999 * 1099. Mit nur vier Nachkommastellen bei der Mantisse, geschuldet durch das nur 8-stellige Display, ist der Anzeigebereich etwas eingeschränkt, im anvisierten Einsatzbereich, im Haushalt und in der Schule, ist das aber verschmerzbar.

Größtmögliche Display-Nutzung

Größtmögliche Display-Nutzung

Wie bei TI üblich, arbeitet auch der TI-30 mit algebraischer Eingabelogik, incl. Punkt-vor-Strich, so dass Berechnungen in der Regel genau so eingegeben werden können, wie sie auf dem Papier stehen.

Selbstverständlich werden alle gängigen trigonometrischen Funktionen, Logarithmus und Exponentialberechnung, sowie eine Speicherfunktion angegeben.

Ein interessanter Fehler ist beim TI-30 zu beobachten: Die Tastenfolge 0 INV TAN bringt den Rechner in eine Endlosschleife, die nur durch Abschalten wieder beendet werden kann. Während der endlosen Berechnung wird im Display ausschließlich die Ziffer 8 mit besonders hellem Segment rechts oben angezeigt.

Bemerkungen

TI hat mit dem TI-30, der konsequent auf billige Massen-Bauweise getrimmt war, einen echten Volltreffer gelandet und mit dem damaligen Verkaufspreis von 25 Dollar bzw. unter 100 DM einen echten Millionenseller auf den Markt bringen, dessen Erfolgsgeschichte nicht mit Einstellung dieses Ur-Modells im Jahre 1983 endete, sondern bis heute mit unzähligen weiterentwickelten Modellen, die alle ein “TI-30” im Namen tragen, weitergeschrieben wird.

Allerdings ist mit seinem Erscheinen 1976 auch die ziemlich genau fünf Jahre dauernde Sturm- und Drangphase im Taschenrechnerbau beendet worden, da fortan jeder in der Lage war, sich einen leistungsfähigen und doch bezahlbaren Taschenrechner zuzulegen. Und das war deutlich revolutionärer, als der entgültige Umstieg von LED von VFD-Anzeigen zu LCDs Anfang der 1980er Jahre.

Technische Daten

Aufbau
Chipsatz / CPU Texas Instruments TMC0981NL
Tastatur 40 Tasten
Display LED, 5+2 Digits
Anzeigebereich ±1.0000-99 ... ±9.9999 99
Stromversorgung Spannung: 9V
Batterien: Accupack BP-8 (2xNiCD AA)
Netzgerät: AC9900
funktionale Ausstattung
Funktionen + - * / % EE 1/<sub>x</sub> √x x√y x<sup>2</sup> y<sup>x</sup> &pi; ln log e<sup>x</sup> sin cos tan arcsin arccos arctan hyp D/R/G &Sigma; M
Eingabelogik (Klassifizierung) ALG (BGAB)
Rechenergebnisse
Berechnung von "1 + 0.000" 1. 
Berechnung von "0/0" Error 
Berechnung von "√(-1)" Error 
Berechnung von "(√2)2" 2. 
Berechnung von "(-1)+1" 0 
Wert von Π 3.1415926536
Forensics 9.1770871
Objekt-Details
Baujahr 1977
Seriennummer 349518
Kaufpreis (1977) DM 65.--