Pioneer CT-979

Beschreibung

1991 erschien eines der seinerzeit am besten bewerteten Tapedecks ohne Dolby S, das Pioneer CT-979.

Pioneer CT-979

Pioneer CT-979

Es war eines der letzten Pioneer-Laufwerke im “klassischen”, also noch nicht rundgelutschten Design, und es fuhr sowohl technisch als auch klanglich alles auf, was damals möglich war, mit Ausnahme von Dolby S.

Die Ausstattung dieses mikroprozessorgesteuerten Laufwerks war einfach nur überragend, vor allem mit dem vollautomatischen Einmeßsystem “Super Auto BLE”, bei dem mit Hilfe eines motorgesteuerten(!) Bias-Reglers und zwei Frequenzgeneratoren praktisch jede Bandsorte auf einen, mit dem Lineal gezogenen Frequenzgang eingemessen werden konnte - vollautomatisch und ohne jeden händischen Eingriff.

Natürlich handelt es sich beim CT-979 um ein Dreikopf-Deck mit Hinterbandkontrolle und Closed Loop Dual Capstan. Zusätzlich wurde auch ein elektronisches Bandstraffungssystem und eine computergesteuerte Regelung des Bandzugs und der Umspulgeschwindigkeit verbaut. Mehr kann man für einen optimalen Bandlauf und eine bestmögliche Schonung der Bänder eigentlich nicht tun.

Bei der Aufnahme hilft ein großes VU-Meter mit 2 x 16 Segmenten, Haltefunktion und “Vorhersage” (der gehaltene Maximalwert wird mit dem Aussteuerungsregler gekoppelt), sowie einer Lupenfunktion, die in 1dB-Schritten zwischen -4 und +12dB anzeigt.

hochauflösender VU-Meter-Bereich

hochauflösender VU-Meter-Bereich

Ein Echtzeitzählwerk mit Restzeitanzeige für die gängigsten Cassettengrößen darf natürlich auch nicht fehlen.

Das Laufwerk ist ein von Pioneer so getauftes “Reference Master”-Laufwerk, eine Eigenentwicklung, die ab Mitte der 80er Jahre in den hauseigenen Spitzengeräten zum Einsatz kam und für einen besonders resonanzarmen und ungestörten Bandlauf sorgen sollte. Mit drei Motoren (Capstan, Idler und Assist) bot es jeden erdenklichen Komfort, der einzige Wehrmutstropfen ist der Capstan-Motor, ein einfacher “Spielzeug”-Motor, der so eines Decks eigentlich unwürdig ist (siehe später).

Sowohl von den Meßwerten, als auch klanglich gehörte dieses 1000DM-Deck seinerzeit zur absoluten Spitzenklasse und konnte nur von ganz wenigen, deutlich teureren Decks getopped werden.

Bewertung

Dass dieses Deck leider so einige Schwachstellen hat, zeigte sich erst nach einigen Jahren.

Durch den konstruktiven Mißgriff, daß der Capstan-Motor permanent läuft, und nicht erst, wenn das Deck auf Pause, Aufnahme oder Wiedergabe geschaltet wird, bedeutet, dass wenn es täglich 8 Stunden auf “Standby” wartet (was für jemanden, der viel vom Radio aufnahm, nichts außergewöhnliches war), der Capstanmotor schon nach einem Jahr fast 3000 Betriebsstunden auf sich hat, bei einer Umdrehungszahl von 2400 U/min der Rotor also bereits sieben Millionen(!) Umdrehungen gemacht hat.

Elektronik mit Bürsten. Man beachte den Schmutz durch Abrieb!

Elektronik mit Bürsten. Man beachte den Schmutz durch Abrieb!

Da nur ein “normaler” und kein bürstenloser Motor verwendet wird, bedarf es keiner großen Vorstellungskraft, dass genau das passiert, woran meine beiden Decks krankten, nämlich dass nach drei Jahren der Capstanmotor hinüber ist und Gleichlaufwerte jenseits von gut und böse aufweist. Heute würde man das als geplante Obsoleszenz bezeichnen, ob das wirklich Vorsatz war, oder ob die Ingenieure einfach nicht nachdachten, man weiss es nicht.

Überall Kontamination durch Abrieb.

Überall Kontamination durch Abrieb.

Gerade bei einem Spitzenklasse-Deck wäre ein direkt angetriebener Capstan (bürstenlos) angemessen gewesen, oder zumindest eine intelligente Schaltung, die dafür sorgt, dass der Capstan nur bei Record, Play und Pause läuft. Und natürlich hätte ein Recorder der 1000€-Klasse eine Quarzregelung des Capstans verdient, und nicht nur einen einfach spannungsstabilisierten Allerweltsmotor.

Ein weiteres Problem ist die aufwändige Mechanik des Reference Master-Laufwerks, die im Falle eines Riemenwechsels (der leider nach spätestens 10 Jahren unumgänglich ist, da Gummiriemen die Eigenschaft haben, sich zu einer teerartigen Masse zu zersetzen, die sogenannte “Riemenpest”) sehr großen Aufwand erfordert, insbesondere beim Wechsel des Antriebsgummis für die Bandteller. Die komplexe Laufwerksmechanik, die über eine Zahnrad - Drehschalter-Kombination gesteuert wird und eine ganz exakte Zahnradstellung erfordert, macht das notwendige Zerlegen des Laufwerks nicht gerade einfach, andererseits ist so ein “Reference Master-Laufwerk” natürlich auch kein einfaches Wald-und-Wiesen-Laufwerk, das jedermann ohne Fachkenntnisse und Wissen reparieren kann.

Da damit zu rechnen ist, dass früher oder später jedes CT-979 unter der sogenannten “Riemenpest” mit sich zersetzenden Riemen zu kämpfen hat, habe ich im Folgenden eine ausführliche Anleitung zum Riemenwechsel verfaßt:

Riemenwechsel

Zum Riemenwechsel sind folgende Schritte durchzuführen:

Herauslösen des Laufwerks

Möglicherweise ist es nicht zwingend nötig, das Laufwerk herauszulösen, die Riemen könnten eventuell auch im eingebauten Zustand gelöst werden, aber es ist wesentlich einfacher, wenn man dafür das Laufwerk freilegt:

Als erstes wird der Gehäusedeckel entfernt. Hierfür müssen die fünf oberen Schrauben (unterschiedlich lang! Position beachten!), die vier seitlichen und die drei kupferfarbigen Schrauben hinten, die mit Pfeilen versehen sind, gelöst werden. Die kupferfarbigen Schrauben besitzen jeweils zwei Punkte.

zuerst wird der Deckel entfernt

zuerst wird der Deckel entfernt

Jetzt wird der mittlere Stabilisator und die Abdeckung der Frontplattenelektronik gelöst. Dafür werden die oberen drei kupferfarbigen Schrauben mit Rand, sowie zwei unteren kupferfarbigen Schrauben ohne Rand gelöst, ebenso der Kabelbinder am mittleren Stabilisator, der den gelb-grünen Kabelstrang des Wiedergabekopfs möglichst weit von der Elektronik der Frontplatte fern hält.

Als nächses wird die Frontplatten-Verschraubung gelöst und die Kabelbinder, der das dreipolige Kabel, das von der Frontplatte zum Volume-Poti geht, fixiert. Das Kabel wird aus dem Stecker gelöst, in dem vorsichtig rechts und links gleichzeitig die Klemmschiene angehoben wird. Nun läßt sich das Kabel kraftfrei herausziehen.

zuerst wird der Deckel entfernt

zuerst wird der Deckel entfernt

Jetzt werden wir drei Kabel (weiß, gelb und grün) als der Umschlingung links vorne gelöst, genauso wie der grün-weiße Kabelstrang aus der Umschlingung rechts vorne.

Etwas kniffliger ist nun das Lösen Lösen aller Flachbandkabel, die vom Mainboard zum Laufwerk bzw. zur Frontplatte gehen. Auch hier wird jeweils die Klemmschiene an beiden Seiten angehoben, so dass das zugehörige Flachbandkabel ohne Kraft herausgezogen werden kann.

Löser der Klemmverbinder durch Hochziehen

Löser der Klemmverbinder durch Hochziehen

Nun werden die blauen bzw. roten Steckverbindungen gelöst. Diese sind zwar eingerastet, lassen sich aber relativ leicht entfernen.

Der nächste Schritt ist nun, die Frontplatte zu entfernen. Hierfür müssen als erstes sämtliche Knöpfe abgezogen werden, anschließend 4 schwarze Schrauben an den Seite, drei kupferfarbige Schrauben oben und fünf schwarze Schrauben unten gelöst werden.

Am Schluß muß noch die rechte Kupferschraube, die innen das Laufwerk mit der Bodenplatte verbindet, und außer die schwarze Schraube, die von außen Bodenplatte mit Laufwerk verbindet, entfernt werden.

Wenn man nun die Frontplatte nach vorne bzw. schräg oben wegzieht, muß man darauf achten, dass sich nicht ein oder mehrere Kabel im Widerhaken auf der Unterseite des Chassis verfangen. Diese müssen sonst erst vorsichtig befreit werden.

Vorsicht! Hier wurde ein Kabel 'eingefangen'

Vorsicht! Hier wurde ein Kabel 'eingefangen'

Als letztes wird das Laufwerk von der Frontplatte getrennt.

Hierfür werden als erstes alle Flachband- und sonstigen Kabel, die von der Frontplatte zum Laufwerk gehen, entfernt. Das ist nicht weiter schwierig.

Etwas komplizierter ist es, die Alu-Frontplatte zu entfernen. An den Seiten müssen die Schrauben entfernt werden, anschließend die in der Mitte verklebte(!) Frontplatte vorsichtig und ohne sie zu verbiegen, entfernt werden.

Nun können noch die vier Schrauben, die das Laufwerk mit der Plastik-Frontplatte verbinden, gelöst werden, und schon liegt das lose Reference-Master-Laufwerk vor uns, und wir können uns dem Riemenwechsel widmen.

Geschafft, das Laufwerk ist ausgebaut!

Geschafft, das Laufwerk ist ausgebaut!

Riemenwechsel

Rückseite des Laufwerks, schon ohne Capstan-Motor

Rückseite des Laufwerks, schon ohne Capstan-Motor

Zuerst sollte der Capstanmotor entfernt werden. Am einfachsten ist es, wenn er abgelötet wird (das blau markierte Kabel geht stets zum Pluspol), insbesondere, wenn der Pulley von teerigen Riemenresten befreit werden muß.

Capstan Pulley mit teerartigen Riemen-Resten

Capstan Pulley mit teerartigen Riemen-Resten

Diese teerartigen Reste bekommt man am besten mit Reinigungsbenzin und viel Geduld weg, man muß nur allergrößte Vorsicht walten lassen, dass nirgendwo (Boden, Kleidung) Überreste des Teers hinkommen, denn diese lassen sich praktisch nicht mehr entfernen!

Der nächste Schritt ist der heikelste Schritt, das Schaltrad muß freigelegt werden. Das passiert in der Stellung “Cassettenfach offen”, diese muß notfalls per Hand über das Drehen des weißen Zahnrads erfolgen. Ist die Stellung erreicht, wird man erkennen, dass ein schwacher Punkt genau dort ist, wo das Zahnrad des Drehschalters eingreift. Beim späteren Zusammenbau muß exakt wieder diese Position erreicht werden und auch das Cassettenfach muß vollständig geöffnet, in seiner Endposition sein!

Punktmarkierung des weißen Zahnrads beachten! Sie zeigt exakt zum Eingriff des gelblichen Zahnrads.

Punktmarkierung des weißen Zahnrads beachten! Sie zeigt exakt zum Eingriff des gelblichen Zahnrads.

Nach dem Lösen der vier Schrauben, die den Schaltmotor über Riemen mit dem Schaltgetriebe verbinden, sowie einer Feder können nun, falls nötig, das gelbliche Rad und der durchsichtige Pulley von teerigen Riemenresten befreit werden, wieder mit der notwendigen Vorsicht, keine Riemenreste zu verteilen.

Die Feder am rechten Rand muß gelöst werden.

Die Feder am rechten Rand muß gelöst werden.

Nun liegen Pulley und Übertragungrad vor uns.

So sieht es nach dem Riemenwechsel aus

So sieht es nach dem Riemenwechsel aus

Falls nötig kann man jetzt das gelbliche Übertragungsrad abziehen und säubern, ebenso den durchsichtigen Pulley.

Der Plastik-Pulley des Schaltmotors ist normalerweise durchsichtig

Der Plastik-Pulley des Schaltmotors ist normalerweise durchsichtig

Wenn auch dieser Pulley und das gelbliche Übertragungsrad gereinigt sind, können wir die beiden Capstan-Riemen wechseln. Der untere Riemen verbindet beide Capstanwellen (und -Schwungmassen), der obere, kürzere, greift in den Capstan-Pulley ein.

Die korrekte Position der beiden Capstan-Riemen.

Die korrekte Position der beiden Capstan-Riemen.

Nach dem Lösen der Schrauben (drei auf dem Blech, eine seitlich, mit Kabelaufnehmer - Position beachten!) kommt man spielend an die Capstanwellen mit ihren Schwungmassen heran. Beim Herausziehen bitte beachten, dass sie auf der Cassettenseite jeweils mit einem Plastikplättchen gesichert sind, welches leicht zu verlieren ist! Also Aufpassen oder, wenn möglich, die Capstanwellen gar nicht erst herausziehen, falls die Riemen sich rückstandsfrei lösen lassen.

Der linke, also der Haupt-Capstan ist zudem mit einer Feder versehen, sollte er ausgebaut werden, bitte beim Wiedereinbau daran denken.

Der linke Capstan ist mit einer Feder versehen

Der linke Capstan ist mit einer Feder versehen

Nun kann der Zusammenbau des Laufwerks erfolgen, der Capstan-Riemen wird mit einer Zange o.ä. vorsichtig auf den Pulley gebracht.

Fertig! Aber nicht nicht ganz, denn jetzt steht noch ein, etwas komplizierter Wechsel an:

Wechsel des Idler-Gummis

Der Idler-Gummi, der die beiden Bandteller antreibt, hat die Eigenschaft, über die Jahre auszuhärten. Das ist deutlich angenehmer, als wenn er zu Teer zerflöße, ist aber etwas schwierig beim Lösen von seinem Plastikrad.

Das Problem an der ganzen Sache ist, dass das Lösen nur über die Vorderseite des Laufwerks geschehen kann.

Hierfür wird zuerst die von zwei Haken am oberen Rand gehaltene Metallabdeckung mit dem orangen Leuchtfeld entfernt. Es ist ganz hilfreich, das Kabel für das Leuchtfeld aus dem Kabelbinder zu entfernen und es dadurch zu “verlängern”, so dass die Metallabdeckung einfach zur Seite gebracht werden kann.

Bitte auf die beiden Federn am oberen Rand achten, deren Dorn zeigt jeweils nach innen!

herausgezogene Laufwerksabdeckung.

herausgezogene Laufwerksabdeckung.

Anschließend müssen die beiden Federn ausgehängt werden, die untere Feder zieht dabei die Kopfmechanik zum Band hin, die obere Feder hängt an der Bandtellerbremse. Wichtig ist am Ende, dass die obere Feder gelöst ist, die untere Feder kann gerne wieder eingehängt werden.

gelöste Bremsfeder

gelöste Bremsfeder

Die Bremse mit den beiden runden Bremsgummis an ihren Armen wird nun gegen einen kleinen Widerstand nach recht oben gedreht, so dass das Idler-Rad freiliegt.

freigelegtes Idlerrad

freigelegtes Idlerrad

Mit einem scharfen Skalpell, einen feinen Schraubenzieher, Pinzette und viel Geduld kann man nun den Gummi des Idlerrads “zerlegen” und entfernen, so dass anschließend der neue Idler-Gummiring auf das Zahnrad aufgezogen werden kann.

Wenn das erfolgreich über die Bühne gegangen ist, kann der Zusammenbau des kompletten Geräts in genau der umgekehrten Reihenfolge durchgeführt werden.

So sieht das fertiggestelle Laufwerk von oben aus.

So sieht das fertiggestelle Laufwerk von oben aus.

Testurteile

  • HiFiVision 7/1991: Spitzenklasse

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