Yaesu FRG-8800

Yaesu FRG-8800

Yaesu FRG-8800

Yaesu - ein Name, der bei jedem Kurzwellenfreund Erinnerungen hervorruft. Fast jeder DXer besaß entweder einen der legendären Empfänger wie den FRG-7 oder FRG-7700, oder aber zumindest eines der nicht weniger verbreiteten Zusatzgeräte wie dem Antennentuner FRT-7700, der auch an anderen Receivern eine gute Figur machte.
Seit der FRG-100 als letzter reinrassiger Kurzwellenempfänger eingestellt wurde, ist es zumindest in der DXer-Szene ruhiger um Yaesu geworden, und dennoch werden die älteren Empfänger immer noch gerne verwendet und nicht selten werden gebrauchte FRT-7700 Antennentuner heute noch über Neupreis verkauft.

Einer der interessantesten und technisch fortschrittlichsten Empfänger war der FRG-8800, der 1985 den FRG-7700 ablöste und bis 1993 produziert wurde. Er bestach sowohl durch seine guten Empfangsleistungen, als auch durch seine praxisgerechte Ausstattung. Eine Kombination, wie es sie zum damaligen Neupreis von knapp 2000 DM kein anderer Empfänger bot.

In einschlägigen Testberichten wurde der FRG-8800 in den höchsten Tönen gelobt (“in dieser Preisklasse einmalig”, “Einsam an der Spitze seiner Klasse”), und selbst die Stiftung Warentest attestierte ihm im Heft 5/88 ein “sehr gut”, eine Auszeichnung, die nur noch einem weiteren Empfänger zuteil wurde.

Im folgenden Artikel möchte ich meinen FRG-8800 näher vorstellen und ihn mit meinem anderen Empfänger, dem legendären Grundig Satellit 3400 vergleichen.

Gute Ausstattung

1985 brachte Yaesu den Nachfolger für den legendären FRG-7700 auf den Markt. Der FRG-7700 war noch kein reinrassiger PLL-Synthesizer-Empfänger und ließ einige Komfortfunktionen wie direkte Frequenzeingabe fehlen. Der FRG-8800 war eine komplette Neukonstruktion, bot eine mikroprozessorgesteuerte PLL-Synthesizerabstimmung, digitale Frequenzeingabe, quasi-analoge Handabstimmung mit optokoppler-realisiertem Hauptabstimmungsknopf, Abstimmgenauigkeit von 25Hz (die digitale LCD-Frequenzanzeige zeigte “nur” auf 100Hz genau an), echtes analoges Finetuning sowie die üblichen Empfangsfeatures wie Einseitenbandempfang, variable AGC und Noiseblanker.
Die recht umfangreiche Ausstattungsliste war damals allerdings nicht gerade weltbewegend, jeder bessere Empfänger wie der Sony ICF-2001D oder oder Kenwood R-2000 bot dieselbe Ausstattung. Die Unterscheidung der Empfänger bestand folglich eher in Preis und inneren Werten. Vom Preis her war der FRG-8800 mit damals rund 1900DM am oberen Ende der semiprofessionellen Empfänger anzusiedeln.

Nachgerüstet

Da die standardmäßig verwendeten Filter zwar nicht schlecht, aber auch nicht allererste Sahne sind, wurde mein FRG-8800 mit neuen Filtern ausgestattet. Das Wide-Filter wurde durch ein Murata-Filter mit besserem Formfaktor ersetzt, und auf Narrow arbeitet jetzt ein Murata CF-J455K5, welches gerne in Spitzenklasse-Empfängern verwendet wird. Beide Modifikationen wurden von Charly Hardt vorgenommen.

muRata CF-J455K5

muRata CF-J455K5

Die Empfindlichkeit auf Mittelwelle war eher bescheiden und wurde nach einer Anleitung von Martin Lechner verbessert.

Das interessanteste Nachrüstungszubehör ist sicherlich der VHF-Konverter FRV-8800, mit dessen Hilfe der Frequenzbereich von 118.000 bis 173.9999 MHz empfangen werden kann, sowohl in AM, SSB und auch FM (schmal). In diesem Frequenzbereich ist auch der Einsatz des Memory Scanners, mit dem selektierte Speicherplätze zylisch abgefragt werden können, ideal. Leider ist der FRV-8800 nur noch sehr schwer erhältlich; auf eBay wurde in den letztem 6 Monaten kein einziger davon angeboten.

Perfekte Optik

Der Yaesu FRG-8800 verkörpert vom Aussehen her für mich immer noch den Stationsempfänger. Kein unscheinbarer und spartanisch Ausgestatteter Winzling a la Lowe HF-150, kein schreibtisch-untauglicher professioneller 19”-Empfänger. Nein, beim FRG-8800 weiß man auf den ersten Blick, womit man es zu tun hat.

Bedienungskomfort mit Hindernissen

Betrachtet man den FRG-8800, so fallen einem eine Unmenge an Tasten auf. Diese sind zwar räumlich und farblich strukturiert, dennoch fällt es schwer, bei 37 Tasten und Schaltern den Überblick zu bewahren.

Fangen wir mit den Drehreglern an. Von diesen gibt es 8 Stück, die man einigermaßen gut auseinander halten kann. Links vom Hauptabstimmknopf findet man die Regler für Squelch (beim AM-DXing nicht unbedingt nötig), Tonblende (leider bei weitem nicht so effektiv, wie die zwei getrennten Tonregler beim Satellit 3400) und AF Gain (Lautstärke). An diesem gibt es gleich zwei Dinge zu bemängeln: Zum Einen die ungünstige Position und zum Anderen die Tatsache, daß sich die Lautstärke nie ganz auf 0 herunterregeln läßt. Die Position ist ungünstig, weil man (zumindest als Satellit-3400-Nutzer) den Lautstärkeregler ganz links und nicht fast in der Mitte der Geräts erwartet, und vor allem, weil er viel zu nah am Hauptabstimmknopf liegt. Verändert man die Lautstärke, so stößt man fast immer an den Hauptabstimmknopf und verändert die Empfangsfreuqenz.

Als nächstes folgen der sehr große und perfekt bedienbare Hauptabstimmknopf (VFO), der umschaltbar in zwei Geschwindigkeiten arbeitet, und ein sehr klein geratener “Fine”-Regler, mit dem sich die Empfangsfrequenz wirklich analog um +- 600Hz verändern läßt (am Display ändert sich allerdings nichts!). Sehr gut gefällt mir die Griffmulde der Hauptabstimmknopfs und auch der vorhandene, aber nicht übertriebene Schwungradeffekt. Hier merkt man ganz klar die langjährige Praxiserfahrung der Yaesu-Entwickler. Das Einzige, was man hätte verbessern können, wäre eine leichte Rastung des VFOs um vor allem bei der Feinstimmung Feedback über die nicht mehr anzeigbaren 25Hz-Schritte zu bekommen.

Rechts ober kommt der sechsstellige Timer/Frequenzschalter, mit dem sich wahlweise zwei stundenunabhängige Uhren, Empfangsfrequenz, Timer und Sleep-Timer auf das Display bringen lassen. Darunter, etwas weiter links befindet sich der zwölfstellige Memory-Schalter (gut gelöst: er ist komplett durchgängig, von Memory 12 kann direkt auf 1 geschaltet werden) und der ATT-Regler, mit dem sich der Abschwächer deaktivieren oder in seiner Stärke regeln läßt.

Links unter dem großen Display befinden sich die Taster für die Empfangsmodi (AM - LSB - USB - CW - FM), sowie ein Taster für die Bandbreitenumschaltung (dessen Stellung am Display angezeigt wird) und drei recht wackelige Schalter (ohne Anzeige im Display) mit undeutlichem Schaltpunkt, mit denen die Geschwindigkeit der AGC, der Noiseblanker (dessen Wirkungsgrad übrigens mit einem Schalter an der Gehäuserückseite(!) eingestellt wird) und ein Dimmer für das Display.

Rechts wird es dann wirklich unübersichtlich, vier Tasten sind für die Einstellung von Timer und Uhr zuständig, die restlichen 21 Tasten für die direkte Frequenzeingabe, sowie Memory-Management.

Wirklich ungünstig ist, daß die Frequenzeingabetastatur nicht auf dem, von Fernbedienungen und anderem technischen Gerät bekannten Schema (“1” links oben, “9” rechts unten) beruht, sondern wie bei einem Taschenrechner mit “1” links unten und “9” rechts oben aufgebaut ist. Blind läßt sich diese Tastatur nur nach längerer Eingewöhnungszeit bedienen; umständlich ist außerdem, daß die Eingabe der MHz-Stelle(n) durch Druck auf die “MHz”-Taste und die Eingabe er kHz-Stellen durch Druck auf die “kHz”-Taste bestätigt werden muß. Und weil das wohl noch nicht umständlich genug war, können Frequenzen, die aus dem Memory abgerufen werden, erst dann per Hauptabstimmungsknopf verändert werden, wenn man auf die Taste “-> VFO” (rechts oben im Tastenfeld) drückt. Soetws läßt sich nur noch mit klarem Kopf und heller Beleuchtung bedienen. Man fragt sich wirklich, was die Yaesu-Ingenieure hier geritten hat, so eine dermaßen unergomische Bedienungsweise zu relisieren.

Beinahe perfektes Display

Das große LCD-Display mit dimmbarer Hintergrundbeleuchtung ist hervorragend zu lesen, sowohl bei Dunkelheit, als auch bei direkter Sonneneinstrahlung. Im Weltempfänger Testbuch 5 wurde die Hintergrundbeleuchtung als “beste Lösung” herausgestellt.
Das 32-stufige S-Meter ist sehr praxistauglich. Es löst zwar bei weitem nicht so fein auf, wie ein echtes analoges S-Meter, reagiert dafür aber wesentlich schneller auf Feldstärkeschwankungen. Die Genauigkeit ist ebenfalls hervorragend. Wer will, kann diese auch selber testen: Wenn man einen Sender gefunden hat, der mit S9+60dB einfällt und einen 60dB Abschwächer (FRT-7700) in die Antennenleitung einschleift, zeigt das S-Meter dann tatsächlich S9 (+0dB) an. Besser geht es nicht.
Der einzige Nachteil des LC-Displays ist, daß die Memory-Anzeige, die unmittelbar rechts neben der Frequenzanzeige platziert ist, exakt dieselbe Zifferngröße besitzt, die die Frequenzanzeige selber. Da es auch keinen größeren Abstand gibt, kann es hier in seltenen Fällen zu Ablesefehlern kommen.
Zuguterletzt hätte ich mir noch eine stets eingeblendete Uhr gewünscht, so wie es beispielsweise beim Grundig Satellit 3400 der Fall ist. Das Umschalten auf Bedarf zwischen Uhrzeit und Frequenz ist nicht sonderlich praxisgerecht.

HF und NF

Der Empfang an einer abgestimmten Langdrahtantenne ist sehr zufriedenstellend, allerdings stört in der Bandbreitenstellung “wide” sehr häufig ein Interferenzpfeifen, das zwar bei “narrow” verschwindet, dafür aber leidet die Verständlichkeit bei “narrow”. Möglicherweise liegt das Pfeifen an den nachgerüsteten Filtern, im “wide”-Bereich arbeitet ein Filter mit wesentlich besserm Formfaktor, als beim Original 6kHz-Filter.
Alle 25kHz tritt beim Durchstimmen ein Prozessorklicken auf, das eine auf langsam eingestellte AGC aus dem Tritt bringen kann. Kein ernsthaftes Problem, aber doch etwas lästig. Im VHF-Bereich lassen sich rund die Hälfte aller eingestellen Frequenzen im FM-Modus nicht durch den Squelch-Regler leisestellen; selbst bei S=0 und Squelch-Regler am Rechtsanschlag erscheint die Frequenz als “Busy” und sorgt dafür, daß der viel zu langsame Suchlauf ständig stehenbleibt. Den reinen AM-DXer wird das aber nicht weiter stören, da es ihn ohnehin nicht betrifft.
Weitaus weniger erfreulich ist, daß sich die Lautstärke nicht auf Null herunterregeln läßt. Wenn man also gerade Pause vom DXen machen möchte, muß man entweder den Empfänger ganz ausschalten, oder aber per “Squelch” den Hahn zudrehen. Eine weitere Abhilfemöglichkeit wäre, den rückseitigen “Mute”-Eingang mit einem Schalter zu verwenden. Woher dieser Effekt kommt, ist mir nicht ganz klar, dem Schaltplan zufolge dürfte bei zugedrehtem Lautstärkeregler gar nichts zu hören sein.

Die Klangqualität ist dem kleinen Lautsprecher, der glücklicherweise nach vorne abstrahlt, angemessen. Natürlich darf man hier keine Klangwunder erwarten. Wer Wert auf perfekten Klang liefert, der wird wohl nicht um einen Grundig Satellit herumkommen.

Empfangserlebnisse

Der Yaesu FRG-8800 wurde mit einem Grundig Satellit 3400 verglichen. Beide hingen an einer Langdrahtantenne, wobei fairerweise gesagt werden muß, daß die Langdrahtantenne des Grundig etwas kürzer war, und nicht mit einem Preselector (FRT-7700) abgestimmt wurde.

Bei stark einfallenden Stationen würde ich klar dem Satellit 3400 den Vorzug geben, da die wesentlich bessere Tonqualität hier einen ungetrübten Hörgenuß bieten. Der kleine Lautsprecher und das eher bescheidene NF-Teil des FRG-8800 können systembedingt nicht mithalten.

Bei schwach einfallenden Stationen dreht sich das Bild um. Wo der Satellit nur gestörte und unverständliche Signale bringt, holt der FRG-8800 noch klar verständliche Sprache und Signale aus dem Äther.
Bei meinem FRG machen sich hier die nachträglich ausgetauschten verbesserten Murata-Filter bemerkbar. Für ganz schwierige Fälle kann man auf den ECCS-Modus zurückgreifen, bei dem man nur ein Seitenband, LSB oder USB, empfängt. Das andere, stärker gestörte, Seitenband wird somit ausgeblendet, ohne daß die Empfangsqualität signifikant darunter leider. Dieser Empfangsmodus erfordert sehr stabile Frequenzsynthesizer, wie beim FRG-8800. In der Praxis lassen sich viele schwächere Sender mit ECCS wesentlich besser empfangen, als im Narrow-Modus. Für das DXen ist soetwas unverzichtbar. Sehr angenehm ist der Gleichlauf von unterem und oberem Seitenband, der ein direktes Umschalten zwischen LSB und USB ermöglicht, ohne, daß der Empfänger nachgestimmt werden muß.

Mit Hilfe des eingebauten Noiseblankers, der in zwei Geschwindigkeiten (schaltbar auf der Rückseite des Empfängers) arbeitet, lassen sich gleichmäßige Störungen, beispielsweise von Elektromotoren, recht wirkungsvoll eliminieren. Allerdings ist damit auch schon die Wirkungsweise erschöpft, gegen sämtliche andere Störtypen ist der Noiseblanker leider immun.

Was sonst noch auffiel

Eines Tages begann der FRG-8800, sich sporadisch “aufzuhängen”, das Display blinkte und der Receiver wurde stummgeschaltet. Laut Service Manual passiert das, wenn der PLL-Loop außer Takt gerät. So, wie es aussieht, liegt die Ursache in nicht mehr ganz vollen Stützbatterien, die bei mir allesamt knapp unter 1.5V lagen. Vom Schaltplan her kann ich es zwar nicht erklären (es sei denn, eine der verwendeten Dioden hätte hier quasi ein Leck), aber seitdem die Batterien ersatzlos entfernt wurden, sind solche Hänger nur noch selten und nach langer Betriebsdauer aufgetreten - möglicherweise liegt hier ein thermisches Problem vor.

Mit der Zeit leierte der Gummiring der Hauptabstimmungsknopfs etwas aus, so daß er etwas lose und ohne Griff war. Hier halfen ein paar Tropfen Fotokleber (hat den Vorteil, daß er später rückstandsfrei entfernt werden kann), und schon sitzt der Gummiring wieder wie angegossen.

Zukunft

Sollte sich eines Tages DRM soweit durchsetzen, daß analoger Kurzwellenempfang uninteressant wird, so muß der FRG-8800 nicht ausgemustert werden, denn es kursieren schon die ersten Umbauanleitungen mit denen er mit geringem Aufwand auch DRM-tauglich wird.

Fazit

PRO CONTRA
* einfache Bedienung * schlechte Langzeitstabilität
* gute Ablesbarkeit * hohe Grundlautstärke
* guter Klang * gewöhnungsbedürftige Tastatu
* Erweiterbarkeit

Updates

  • 1.1.2004: CPU-Lockups häufen sich, am 29.12 blinkte der Empfänger gleich beim Einschalten, nach 20 Stunden Ruhepause. Nach ein wenig googeln im Netz haben sich nun zwei potentielle Fehlerquellen herauskristallisiert: Einer der beiden PLL-Generatoren liefert eine zu niedrige Spannung, bzw. der 18MHz-Referenzoszillator ist außer Takt geraten. Ersteren habe ich korrigiert, und seitdem läuft der FRG-8800 wieder ohne Blinken. Sollte das nichts geholfen haben, werde ich mich wohl mal um den 18MHz-Oszillator kümmern und ggf. die PLL-Modifikation einbauen.
  • 3.1.2004: Das Blinken geht weiter; mangels Meßgeräten kann ich leider keinen Abgleich selber durchführen.
  • 13.5.2004: Mein neuer Empfänger, ein JRC NRD 525G, ist eingetroffen.
  • 10.9.2008: Der Yaesu wird ab jetzt wieder für VHF eingesetzt.

Spezifikation

Wellenbereiche: 150 - 29999 kHz